Kunst der Grabmale

DIE GRABDENKMALE AUF DEM ALTEN OFFIZIERSFRIEDHOF

 

Über die Ausstattung des Alten Garnisonfriedhofs mit Grabmalen von der Zeit seiner Anlage um 1706 bis zum späten 18. Jahrhundert liegen nur wenig Nachrichten vor. Wie auch für andere Berliner Begräbnisplätze belegt, wird sich die Kennzeichnung der unregelmäßig verteilten Grabstellen auf einfachste Steine und Holzkreuze beschränkt haben. Die erste Umfriedung bestand lediglich aus einem hölzernen Lattenzaun, der vermutlich 1722 durch eine ziegelgedeckte Lehmmauer ersetzt wurde. So liegt die kunsthistorische Bedeutung des Alten Garnisonfriedhofes in der - trotz Kriegszerstörung und weitgehender Abräumung von Grabmalen nach 1945 - lückenlosen Dokumentation von sepulkraler Kunst aus dem Frühklassizismus, der Romantik und des Neubarock, bis hin zu Werken der Reformkunst.
Eine Besonderheit bildet der in dieser Geschlossenheit für Berlins Begräbnisplätze einmalige reiche Bestand an gußeisernen Grabzeichen aus dem ganzen 19. und dem frühen 20. Jahrhundert.
Architekten, wie Karl Friedrich Schinkel und August Soller, Bildhauer aus dem Schülerkreis von Christian Daniel Rauch, wie Ludwig Wichmann, Friedrich Tieck, August Kiss und Hermann Schievelbein, ebenso Bildhauer aus dem Umkreis von Fritz Schaper und Fritz Klimsch und namhafte ausführende Firmen, wie die Kgl. Eisengießerei Berlin, die

Berliner Zinkgußfirma Johann Conrad Geiss & Philipp Konrad Moritz Geiss und nicht zuletzt die Kgl. Gartenbauanstalt Potsdam, haben für diesen Friedhof gewirkt und dazu beigetragen, ein Gesamtkunstwerk von hoher kultur- und kunstgeschichtlicher Bedeutung zu schaffen.
Kunst und Geschichte bilden hier am Ort der persönlichen Trauer und des überhöhten Personenkults eine anschauliche Einheit. Neben dem 1748 in Berlin angelegten Invalidenfriedhof finden sich auf dem Alten Garnisonfriedhof zahlreiche Beispiele der künstlerischen Selbstdarstellung einer ehemals in Preußen führenden, militärisch geprägten Gesellschaftsschicht.
Wohlproportionierte, an antiken Vorbildern orientierte Steingrabmale der Zeit von 1780-1860 atmen den philantropischen, erdverbundenen Geist der Aufklärung, Tafel,- Tabernakel-und Stelengrabmäler und insbesondere gußeiserne Grabkreuze mit reicher Variation der Grundform in Umriß und Binnenornamentik des romantischen Klassizismus und der Neugotik spiegeln das erwachte patriotische und auch neoreligiöse Bewußtsein der Gesellschaft nach den für Preußen und Europa entscheidenden Kriegen von 1813/1815. Grabdenkmäler aus der Zeit um die Reichsgründung 1871 bis zur Jahrhundertwende illustrieren hier mit ihrem neubarocken Formenreichtum das Schmuckbedürfnis einer zu Wohlstand gekommenen bürgerlichen Schicht, schlichte Grabsteine aus der Zeit des I. Weltkrieges bis zur endgültigen Schließung des Friedhofes 1961 lassen deutlich die veränderte Einstellung der Gesellschaft zu Tod und Nachruhm, aber ebenso die gewandelte Funktion eines Garnisonkirchhofes erkennen.


Details zu den Grabmalen im neugotischen Stil finden Sie unter www.garnisonfriedhofberlin.de/grabmale-der-neugotik

Die oft drastische Bildsprache der barocken Grabmäler wird in der Folge der Aufklärung im 18. Jahrhundert, befördert durch G. E. Lessings Schrift "Wie die Alten den Tod gebildet" (1769), abgemildert. An die Stelle des Totengerippes tritt der trauernde Genius, ausgestattet mit der das verlöschende Leben versinnbildlichenden Fackel. Antike Todessymbolik verdrängt im Klassizismus die christlichen Motive. Die Göttin der Nacht mit ihren Zwillingssöhnen Hypnos (Schlaf) Tanathos (Tod), ebenso der den persönlichen Ruhm des Verstorbenen - und gleichermaßen den Sieg über den Tod - versinnbildlichende Siegesgenius mit dem Lorbeerkranz oder dem Palmwedel werden neben antikisierenden Abschiedsszenen dargestellt. Sterne verwiesen auf das glänzende Nachtleben im Himmel, Mohnkapseln- und blüten auf den Todesschlaf, Rosen auf die Vergänglichkeit des Schönen, Efeu und Immortellen auf immerwährendes Leben, Schmetterlinge auf die unsterbliche Seele (Phsyche).

Nach 1813/15 ist die Ruhmesgöttin Viktoria zu finden (wie in nebenstehender Abbildung vom Grabdenkmal von Tippelskirch), bald darauf im Zeichen der neoreligiösen Restauration vermehrt wieder das Kreuz, die biblische Allegorie des Glaubens (Kreuz), der Liebe (Herz), der Hoffnung (Anker) und Thorwaldsens Christusfigur, die das Christuswort "Kommet alle her zu mir" illustriert. Stilzitate, wie die Neugotik, dienen auch zum Hinweis auf das christliche Bekenntnis, Fledermäuse weisen auf das Dunkel des Grabes vor der Auferstehung.

Entsprechend dem wachsenden Bedürfnis nach Sentiment zierten ab der Jahrhundertmitte auch Engelsfiguren, ab etwa 1870 Figuren voller neubarockem Pathos, wie trauernde Frauen, Pilger- und Chronosfiguren die Grabmale. Die Vielfalt der Todesikonographie erlischt mit der fast völligen Aufgabe des künstlerisch gestalteten Grabmals nach 1918.