Neugotische Grabmalkunst auf dem Offiziersfriedhof

Das bekannteste neugotische gusseiserne Grabdenkmal

nach einem Schinkel-Entwurf ist das Tabernakelgrabmal

für den preußischen Oberstleutnant Teichert aus dem Jahre 1853

 

Die neugotischen Grabmäler gehörten zu den erfolgreichsten Produkten der Berliner Eisengießerei im 19. Jahrhundert. Das ohnehin schon "patriotische" Material Gußeisen konnte im Bereich der Sepulkralkunst, dekoriert im Stil der Gotik, sowohl die "christliche", als auch die "patriotische" Gesinnung der Auftraggeber dokumentieren. Da sich aus der Zeit des Mittelalters keine freistehenden Grabmäler erhalten hatten, gewannen die entwerfenden Künstler des 19. Jahrhunderts - so auch Schinkel - ihre Anregungen aus dem Bereich der kirchlichen Ausstattung. Gotische Altarkreuze, Tabernakel, Taufsteine, Sakramentshäuser, Tumben und Schmuckgitter dienten zum Vorbild. Das gesockelte, neugotische Grabkreuz aus Gußeisen, für die Besteller aus Kostengründen ebenso attraktiv, wie durch die breite Variationsmöglichkeit im Dekor, scheint, betrachtet man den erhaltenen Bestand auf den Friedhöfen, im ganzen Jahrhundert besonders beliebt gewesen zu sein. Religiöse Inschriften, in der Folge von Aufklärung und französischer Revolution auf den klassizistischen Grabmälern der Zeit bis 1830 nicht erwünscht, finden im Zeichen neoreligiöser Gotikbegeisterung wieder ihren festen Platz als zusätzliche Gestaltungselemente.

 

 

Die Berliner Eisengußhütte

 

Nach dem Vorbild der 1725 in Lauchhammer und 1794 im oberschlesischen Gleiwitz eingerichteten Gießereien, wurde am 8. Februar 1803 auf Anregung der Minister v. Heinitz und v. Reden mit königlicher Genehmigung vor dem Neuen Tor die Kgl. Eisengießerei in Berlin angelegt.

Wirtschaftliche Unabhängigkeit von Importen, aber im gleichen Maße die fachbezogene Heranbildung einer privaten Unternehmerschaft standen bei den Initiatoren im Vordergrund. 1804 wurden die ersten Kupol- und Flammenöfen errichtet, bis 1835 war mit Errichtung von Wirtschaftsgebäuden, Schlosserei, Anstreich- und Vergolderwerkstatt und dem Kunstproduktmagazin die Anlage vollendet. Roheisen und Koks bezog man aus Oberschlesien, Formsand aus nahen Orten wie Fürstenwalde, Lehm aus den Gruben auf dem Wedding.

Nutzgeräte schufen Berliner Handwerker, aus Gleiwitz herbeigeholte Künstler sicherten von Beginn an das hohe Niveau der Kunstgußproduktion. Ab 1809 wurden Geschütze und Munition, aber auch Öfen und Denkmäler ausgeführt. 1813 gelang es, das bisher nur bei Bronze übliche Hohlgußverfahren für den Eisenguß anzuwenden. In der Zeit der Befreiungskriege 1813/15 entstanden nach Entwürfen von Künstlern wie K. F. Schinkel, F. Tieck und L. Wichmann kunstgewerbliche Eisengußwaren, wie Porträtmedaillen, Neujahrsplaketten, Orden und der weltweit als "fer de Berlin" berühmte Eisenschmuck. Nach 1815 fertigte man Maschinen, Eisenbahnzubehör und Nutzmöbel. Erfolg erzielte man auch mit Figuren, Großdenkmälern und Grabmälern. Durch private Gießereien (Egells, Borsig) in direkter Nachbarschaft im "Feuerland" an der Chausseestraße geriet die Kgl. Eisengießerei in den 1830er Jahren unter starken Konkurrenzdruck, im Revolutionsjahr 1848 wurden dazu durch Brandstiftung viele Werkstätten und Modelle vernichtet. Obwohl durch Modernisierung die Produktionsfähigkeit erhöht wurde, verlor der Betrieb nach 1871 an Bedeutung und wurde 1874 endgültig geschlossen.